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Handreichung für die kirchliche Trauung

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A. Grundsatzfragen

  1. Die Trauung ist Gottesdienst der Gemeinde aus besonderem Anlass. Daher sind in diesem Gottesdienst alle liturgischen Elemente (bis hin zu Taufvollzug und Abendmahlsfeier) zulässig, wobei der besondere Anlass angemessen zu berücksichtigen ist.
  2. Der besondere Anlass ist eine rechtsgültige Eheschließung, die den ungezwungenen Ehekonsens und das Fehlen von Ehehindernissen öffentlich feststellt. Auf sie dürfte nur dann verzichtet werden, wenn die staatliche Ehegesetzgebung solche Eheschließungen verbietet, die nach kirchlichem Urteil erlaubt sind.
  3. Das bedeutet, dass die rechtsgültig geschlossene Ehe schon als solche auch vor Gott gültig ist und nicht erst durch die Trauung dazu wird.
  4. Die Trauung ist auf den besonderen Anlass bezogen und orientiert sich an der auch in der Trauung auszurichtenden Botschaft vom Gottesgeheimnis der Liebe Jesu Christi zu seiner Gemeinde, das sich auch in ehelicher Liebe und Treue widerzuspiegeln vermag (Eph. 5). Im Glauben an diese Botschaft erkennt und bekennt die Kirche, dass Gottes Schöpfergüte die Ehe gestiftet hat, sie durch seinen Beistand den sie eingehenden Partnern gelingen lassen und sie bis zum Ende der Tage zum Wohl der Welt erhalten will, auch wenn sie durch menschliche Schuld verdunkelt oder verkehrt wird. Im Trauungsvollzug wird deshalb der die Ehe schließende Konsens in der Verantwortung vor Gott erneut ausgesprochen.
  5. Der christlichen Begründung der Ehe entspricht die grundsätzlich auf Lebensdauer geschlossene Einehe als die in Freiheit begonnene und verantwortlich durchgehaltene Verbindung eines Mannes und einer Frau zu einer dauernden, ausschließlichen und völligen Lebensgemeinschaft, in der beide Partner sich gegenseitig annehmen und einander stetig Hilfe und Beistand erweisen.
  6. In Entfaltung der christlichen Botschaft vom Gottesgeheimnis der Liebe bezeugt die Trauung insgesamt wie auch besonders die Traupredigt den Ehepartnern, dass ihre Ehe an diesem Gottesgeheimnis Anteil hat. Sie leitet die Ehepartner dazu an, diese kraft der Stiftung Gottes schon in sich selbst heilige Ehe auch bei sich selbst heilig zu halten. Das geschieht als Frucht des Glaubens in der Freiheit der Kinder Gottes im gemeinsamen dankbaren Empfang der mancherlei guten Gaben Gottes, im gegenseitigen Achten, Gelten und Gewährenlassen, in der Bereitschaft zur Vergebung und Einsicht in eigenes Fehlverhalten; alles aber in der Liebe, die erfinderisch macht, und in der Bindung an Gott und gerade diesen Nächsten sich immer wieder kräftig erweist.
  7. Ob dies alles einer Ehe zuwächst, vermag freilich keine noch so sorgsam vorbereitete und durchgeführte Trauung zu verbürgen, weil es sich um Gaben des Heiligen Geistes handelt, der weht, wo er will, und sich menschlicher Worte und Handlungen zwar werkzeuglich zu bedienen verheißen hat, sich aber in ihren Grenzen und Möglichkeiten nicht einfangen lassen will und wird. Das bedeutet aber nicht das Recht, die an den Beginn eines neuen Lebensabschnittes gestellte kirchliche Handlung der Trauung als „bloße Feierlichkeit“, „tote Zeremonie“ oder „veraltertes Brauchtum“ abzuwerten. Neuere Erfahrungswissenschaft lehrt, dass herkömmlich in Grenz- und Übergangssituationen feierlich begangene Rituale eine tiefere menschliche Seelenschichten erreichende eigentümliche Mächtigkeit entfalten können. Sie gewinnen als geregelte Handlungsgefüge dann eine hohe, sowohl entlastende, als auch stützende Bedeutung, weil sie der Vermittlung von Sachverhalten dienen, welche der rein rationalen Erörterung schwer zugänglich sind und daher vielfach unaufgearbeitet bleiben. Die Erwartungshaltung zweier Ehepartner ist nämlich angesichts der vor ihnen liegenden Einübung in neue, auf Dauer angelegte Rollen widersprüchlich sowohl von Angst als auch Hoffnung besetzt. Beide entstehen in mannigfaltigen Zusammenhängen: etwa der Notwendigkeit ganzheitlicher liebevoller Hingabe an den Ehepartner unter Vermeidung von Identitätsverlust und Versklavung; oder der Gewinnung eines Raumes angstfreier Kommunikation zwischen Ehepartnern, welche sachbezogene Kritik aneinander zu üben und zu ertragen ermöglicht, ohne dass Aggressionen angestaut werden oder sich entladen; oder der wünschenswerten Ausschöpfung menschlicher Liebesbeziehung und -möglichkeiten, ohne den Partner zum Objekt von Lustgewinn zu erniedrigen; oder dem gemeinsamen Bestehen eines als total machbar und durchschaubar gewähnten Lebens mit seinen sozioökonomischen und soziokulturellen Zwängen mit dem Ziel von Autorisierung und Verwirklichung geeigneter Einsprüche gegen drohende Zerstörung von Lebensbedingungen. Wird endlich der erfahrungsgemäß starke familiale Druck auf neubegründete Ehen und die erforderliche Einfügung in größere soziale Gruppen und Verbände bedacht, so reicht es vollends nicht aus, vor der allerdings bestehenden Gefahr des Ritualismus zu warnen, sondern es wird erforderlich, auch die kirchliche Trauung in ihrem Ritualcharakter zu verstehen als Hilfe zur Freude, die in gegenseitiger menschlicher Zuwendung die Zuwendung Gottes zum Menschen und die darin begründete Treue Gottes widergespiegelt erfährt, gegenseitige menschliche Liebe als Geschenk entdeckt und die Zuwendung der Ehepartner zueinander als Grundform wahrer Menschlichkeit erkennt.
  8. Die sich hier meldende Frage nach Religion sollte nicht zugunsten vermeintlicher Ehre der Offenbarung Gottes in Christus destruiert und abgewiesen, noch prinzipiell zum Axiom christlichen Glaubens erhoben, sondern als Hinweis dafür aufgenommen werden, dass das Heilshandeln des Gottes, den der christliche Glaube bekennt, der ganzen Welt und nicht nur der Christenheit gilt. In diesem Zusammenhang kann es geschehen, dass die Erfahrung von Leid, Schuld und Sterben, wie sie Ehepartner machen, aufgenommen werden als Anfragen des menschensuchenden Gottes, der mit der ganzen Menschheit, also nicht nur der Kirche, noch am Werk und auf dem Wege ist. Auch der Kirche und dem christlichen Glauben seit langem entfremdete Menschen vermögen oft ihre emotionalen Erlebnisinhalte nur vermittels Worten, Bildern, Symbolen und Wertungen aus der ihnen früher zugeflossenen kirchlich-christlichen Überlieferung zu verbalisieren und damit ihre gefühlsbedingten Probleme und Konflikte ausreichend und angemessen zu verarbeiten. Damit zeigt sich eine Erfahrungsmöglichkeit, die durch tiefere seelische Schichten, als es die rein kognitive ist, verläuft und ihrerseits eine Erklärung dafür sein könnte, dass sogar der Kirche und dem Glauben entfremdete, wie auch der Kirche überhaupt nicht angehörende Menschen an Übergangs- und Krisensituationen des Lebens, wie etwa der Eheschließung, einen auf diese Situation bezogenen Dienst der Kirche begehren. Christenheit und Kirche aber wissen, dass der Gott, den sie bekennen, alle Menschen miteinander an das von ihm gesetzte, der Kirche schon kundgegebene, aber der Menschheit noch unbekannte Ziel bringen wird. Die kirchliche Trauung hat von daher die Aufgabe, solche im Zusammenhang der Eheschließung auftretende Erwartungshaltungen aufzunehmen und christlich zu formen, indem sie bezeugt, dass Gott auch in den natürlichen und geschichtlichen Bedingungen des Lebens als Schöpfer, Erhalter und Beistand gegenwärtig ist.
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B. Das Traugespräch

  1. Im Allgemeinen:
    1. Die Trauung beginnt mit der Anmeldung beim zuständigen Pfarrer und der Vereinbarung über die Abkündigung im Gottesdienst der Gemeinde, in der die Trauung stattfinden soll (falls erwünscht, auch in der bisherigen Heimatgemeinde des oder der Ehepartner). Diese Abkündigung unterrichtet die Gemeinde über die beabsichtigte Trauung und fordert zur Fürbitte für die Ehepartner auf, weil kirchliche Trauung sich nicht auf die Ehepartner und ihre Angehörigen beschränkt, sondern die Gemeinde selbst angeht, in deren Mitte diese Ehepartner ihre Ehe führen und als Familie in ihr leben werden.
    2. In diesem Zusammenhang hat das Traugespräch die Bedeutung, die am Wort Gottes orientierte Auffassung von der Ehe darzulegen, je nach den besonderen Verhältnissen und Verstehensmöglichkeiten der beiden Partner. Für die Führung des Traugesprächs lassen sich verständlicherweise keine bis in die Einzelheiten gehenden Anleitungen geben. Amtserfahrung und Mitleben mit den Familien der Gemeinde, theologisch-kirchliches Wissen und seelsorgerliches Taktgefühl werden im einzelnen den immer wieder anderen Weg weisen müssen.
      Vermieden werden sollte auf alle Fälle:
      1. das Traugespräch als einen bürokratischen Akt aufzufassen, innerhalb dessen lediglich Personalien aufgenommen oder Vereinbarungen über den Verlauf der Trauungshandlung besprochen werden;
      2. einen Monolog des Pfarrers, der auf Vollständigkeit aus ist und allen alles sagen möchte.
    3. Der Sinn des Traugesprächs besteht vor allem darin, die Brautleute über das Wesen einer Ehe nach christlichem Verständnis zu unterrichten. Es wird sich empfehlen, etwa an einem sich im Gespräch ergebenden Punkt exemplarisch in die Tiefe zu gehen, so dass am Einzelpunkt das Ganze aufscheinen kann. Die im Gespräch sich anbietende Möglichkeit eines wirklichen Dialoges sollte genutzt werden.
    4. Der Hinweis auf in der Gemeinde stattfindende Seminare oder ähnliche kirchliche Veranstaltungen für Braut- und Eheleute kann das Traugespräch entlasten, darf es aber nicht ersetzen; andererseits werden die im Traugespräch gewonnenen Erfahrungen positiver und negativer Art dem Seelsorger eine Hilfe für die Gestaltung solcher Seminare und anderer Veranstaltungen sein.
    5. Es kann eine gute Hilfe sein, gemeinsam den voraussichtlichen Ablauf der Trauungsfeier durchzugehen und nach Wünschen für einzelne Stücke, wie z. B. Lieder oder den Text für die Traupredigt, zu fragen, weil sich dabei erfahrungsgemäß oft die Scheu verliert, über diese Dinge überhaupt zu sprechen. Andererseits wird es auf diese Weise dem Pfarrer möglich sein, die Ordnung der Trauung so zu erläutern oder auch festzulegen, dass sie von beiden Ehepartnern wirklich mitgefeiert werden kann. Beim Durchgehen der Einzelheiten werden die Fragen der Ehepartner aufgenommen und beantwortet werden können.
    6. Zu den Einzelheiten des Trauungsverlaufs wird noch zu bedenken sein:
      1. Bei den Liedern sollten nicht nur ausgesprochene Lieder zur Trauung, sondern auch andere Lieder mit herangezogen werden, u. a. auch solche, die vielleicht im bisherigen Leben der Ehepartner wichtig geworden sind. Abzuraten ist von der Verwendung immer derselben Lieder, oder auch von solchen Liedern, welche dem Vorgang der Trauung nicht gemäß sind.
      2. Die Schriftlesungen haben nicht den Charakter von Einsetzungsworten, da sich eine solche Einsetzung der Trauung im herkömmlichen Sinne durch ein Wort der Schrift im Neuen Testament nicht findet. Andererseits bieten andere neutestamentliche Perikopen ein ebenso klares, nachhaltiges und deutliches Verständnis des Wesens der Ehe unter Christen an, als die bisher verwendeten wenigen Perikopen (Vorschläge s. Anlage).
      3. Die Traufragen werden durch das Ja der Eheleute zueinander im Gottesdienst beantwortet. Der Wortlaut der Traufragen braucht nicht stets der gleiche zu sein. Jede Formulierung muss aber die Zustimmung zu einer auf lebenslange und ausschließliche Treue begründeten Ehe zum Ausdruck bringen.
      4. Der Ringwechsel in der Form des wechselseitigen Ansteckens der Ringe ist eine begleitende Gebärde, die ihren Sinn in der zeichenhaften Darstellung der eingegangenen Treuepflicht hat.
      5. Der Trausegen, gegründet auf dem vorangegangenen Wort Gottes und seiner Verkündigung, ist die Zusage des Beistandes Gottes, den die Gemeinde für die beiden Ehepartner erbittet.
      6. Die übrigen Bestandteile der Trauungsordnung sind allgemeinerer Natur und ergeben sich aus dem evangelischen Verständnis von Gottesdienst überhaupt.
    7. Mit der vollzogenen Trauung sind Pfarrer und Gemeinde in eine besondere Mitverantwortung für die beiden Ehepartner gerufen, die sich in einer weiteren Begleitung des gemeinsamen Weges der Eheleute ausprägen wird.
  2. Im Besonderen:
    1. Bei der Wiedertrauung Geschiedener ist eine sorgfältige Prüfung der Umstände und eingehendes Gespräch mit den Betreffenden besonders nötig. Es kann sich empfehlen, mindestens denjenigen Teil, der sich hat scheiden lassen, zu einer besonderen seelsorgerlichen Aussprache einzuladen und auf die Möglichkeit einer Beichte hinzuweisen. Die Frage nach der Wahrhaftigkeit des früheren und des bevorstehenden Treueversprechens darf dabei nicht unterbleiben. Die Entscheidung über die Gewährung der Trauung kann insofern erleichtert werden, als nach evangelischem Verständnis mit der dadurch zugesprochenen Vergebung die Verheißung eines neuen Anfangs verbunden ist. Beiden Teilen jedoch wird die Einsicht vermittelt werden müssen, dass allein das Wort Gottes einen neuen Anfang setzt und die Verheißung eines neuen Lebens in sich schließt.
    2. Kommt zum Brautgespräch ein Paar, dessen einer Teil der röm.-kath. Kirche angehört, so liegt die Vermutung nahe, dass hier eine gewisse Vorentscheidung für die evangelische Trauung, vielleicht auch für den Übertritt zur evang. Kirche, bereits gefallen ist. Beide Anliegen des röm.-kath. Partners werden ernsthaft aufzunehmen, aber auch mit seelsorgerlichem Takt zu prüfen sein. Das ist beim Wunsch nach Übertritt um so leichter möglich, als dieser nicht Voraussetzung für die evangelische Trauung ist, also auch unabhängig davon weiter verfolgt werden kann. Aber auch schon die Bereitschaft des röm.-kath. Partners zur ev. Trauung kann unbewusst begleitet sein durch die Verdrängung von Schuldgefühlen gegenüber der Kirche, von deren Gemeinschaft er sich nun lösen würde. Solche Verdrängung könnte im späteren Verlauf der Ehe Störungen und Belastungen der Gemeinschaft bewirken, deren Ursachen schwer erkennbar sind. Der Seelsorger wird daher auch auf die Möglichkeiten hinweisen, welche dem röm.-kath. Partner ermöglichen, bei evangelischer Trauung im Frieden seiner Kirche zu verbleiben, ohne das Gewissen seines evangelischen Ehegefährten zu belasten. Diese Möglichkeiten sind vor allem:
      die Dispensierung vom Ehehindernis der Konfessionsverschiedenheit und die Befreiung von der tridentinischen Formpflicht. Vom (nach kath. Auffassung) Ehehindernis der Konfessionsverschiedenheit dispensiert der zuständige röm.-kath. Pfarrer, wenn der kath. Partner folgende Fragen bejahen kann:
      1. Wollen Sie in Ihrer Ehe als kath. Christ leben und den Glauben bezeugen?
      2. Sind Sie sich bewusst, dass Sie als kath. Christ die Pflicht haben, Ihre Kinder in der kath. Kirche taufen zu lassen und im kath. Glauben zu erziehen?
      3. Versprechen Sie, sich nach Kräften darum zu bemühen, dieses sittliche Gebot zu erfüllen, soweit das in Ihrer Ehe möglich ist?
      Da der röm.-kath. Partner auch nach Auffassung seiner Kirche bei der Erfüllung dieser Versprechen auf das Gewissen seines ev. Partners Rücksicht nehmen muss, wird er in der Erfüllung dieses Versprechens alles unterlassen müssen, was das Gewissen seines ev. Partners belasten würde. 10 Der ev. Partner sollte daher über das kath. Eheverständnis und über die Verpflichtungen seines kath. Partners unterrichtet sein und wenn möglich auch am Gespräch mit dem kath. Pfarrer teilnehmen, zumal der ev. Partner dabei keinerlei Versprechen abzugeben hat. 11 Seine Anwesenheit erleichtert es auch, die Befreiung von der tridentinischen Formpflicht zu erlangen. 12 Von dieser kann der zuständige Bischof dispensieren, wenn das Brautpaar erklärt, dass einer kath. Eheschließung erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen. 13 Dieser Antrag muss ebenfalls beim zuständigen röm.-kath. Pfarrer zur Weiterleitung an den Bischof eingereicht werden. 14 Mit dieser Dispens ist auch nach röm.-kath. Recht die evangelisch getraute Ehe gültig. 15 Der röm.-kath. Ehepartner ist damit von der für ihn erfahrungsgemäß oft schweren Belastung befreit, in einer „ungültigen“ Ehe zu leben, während der evangelische Partner dadurch nicht gehindert wird, auch in der konfessionsverschiedenen Ehe seinen eigenen Glauben zu bezeugen und vorzuleben. 16 Keiner von beiden Partnern unterliegt in seiner Kirche einer Beschränkung seiner kirchlichen Rechte, wenn er Taufe und Erziehung seiner Kinder im eigenen Glauben nicht erreichen kann. 17 Die gelegentlich anzutreffende Frage, ob die tridentinische Formpflicht und das Versprechen der katholischen Kindererziehung auch heute noch unerlässlich und für den Frieden des katholischen Ehepartners mit seiner Kirche unverzichtbar sind, ist daher nach dem gegenwärtigen Stand des römisch-katholischen Kirchenrechts zu verneinen. 18 Zweifellos treten hier Schwierigkeiten auf, über die beide Partner sich frühzeitig, also am besten noch vor der Eheschließung, miteinander verständigen sollten, um eine gemeinsame, freie Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen, die sich von falschen Rücksichten oder Befürchtungen freihält, und geeignet ist, die Kinder zu lebendigem und christlichem Glauben zu führen. 19 Andererseits können gerade diese Schwierigkeiten die eheliche Gemeinschaft bereichern und vertiefen, wenn sie nicht vergleichgültigt oder verharmlost, sondern gemeinsam getragen werden. 20 Bestehen in einer Gemeinde etwa ökumenische Seminare oder Arbeitskreise für konfessionsverschiedene Ehen, so werden schon beim Brautgespräch beide Partner dazu einzuladen sein. 21 Das ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil auf alle Fälle vermieden werden muss, einen von beiden Partnern religiös oder kirchlich heimatlos zu machen.
    3. Wenn ein Partner einer nicht christlichen Religion angehört, religionslos oder aus der Kirche ausgetreten ist, so kann die kirchliche Trauung nicht ohne weiteres gewährt werden. Es besteht weder ein Recht, die Trauung zu fordern, noch eine Verpflichtung für den Pfarrer, sie zu vollziehen. Die Entscheidung über Gewährung oder Nichtgewährung vermag allein der Pfarrer zu treffen, an den die Bitte herangetragen wird. Als zuständig im Sinne von Art. 40 KO ist derjenige Pfarrer anzusehen, in dessen Gemeinde oder Seelsorgebezirk der evangelische Ehepartner wohnhaft ist. In diesem Sinne nicht zuständige Pfarrer werden das an sie herangebrachte Nachsuchen um kirchliche Trauung an den zuständigen Pfarrer überweisen.
      1. Das Brautgespräch ist von dem zuständigen Pfarrer mit besonderer Sorgfalt zu führen, wobei der Erlass des Oberkirchenrats vom 13. 12. 1972 (Rundschreiben Nr. 97/72) zu beachten ist. In der Regel werden mehrere Gespräche erforderlich sein.
      2. Im Verlauf dieser Gespräche sollte der Wunsch des der ev. Kirche angehörenden Partners im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Beide sollten in diesen Gesprächen dazu angeleitet werden, ihren Wunsch nach der kirchlichen Trauung besser zu verstehen. Sie sollten lernen, darüber nachzudenken, warum sie die Trauung erbitten und wie ernst diese Bitte gemeint ist, insbesondere, ob der evangelische Partner diesen Wunsch so tief versteht, dass er dem anderen Partner zumuten kann, auch als Nichtangehöriger einer christlichen Kirche an dieser Trauung teilzunehmen.
      3. Ziel der Unterredungen muss es sein, beiden Partnern ohne Zeitdruck ihre Verschiedenheit im Glauben als ihnen beiden aufgegebenes Problem bewusst zu machen, da Glaubensverschiedenheit auch zu unterschiedlichen Wertungen in Grundfragen des Lebens führt und damit Konflikte in der gemeinsamen Führung der Ehe herbeiführen kann. Der Seelsorger wird feststellen, ob der nicht der Kirche angehörende Ehepartner das Treueversprechen ernst nimmt und es vor Gott zu wiederholen bereit ist. Er wird weiter versuchen müssen, das Verständnis für die christliche Auffassung der Ehe zu wecken, ebenso freilich den Willen, die Ehe danach zu führen.
      4. Da der Pfarrer nicht die Gewissen richten kann, er aber auch damit rechnen muss, dass manche, die der Kirche angehören und die kirchliche Trauung wünschen, kaum anders denken als solche, welche die Konsequenz entweder bereits gezogen haben oder mit dem christlichen Verständnis von Ehe überhaupt nicht konfrontiert worden sind, so wird er seine Entscheidung danach richten müssen, ob sich beim Brautgespräch zumindest eine gewisse Aufgeschlossenheit erkennen lässt und ob sich diese Aufgeschlossenheit im Laufe des Traugesprächs in Richtung auf Zustimmung verdichtet.
      5. Das Ergebnis kann allerdings auch sein, dass die Verschiedenheit im Glauben den Ehepartnern so bewusst wird, dass sie die Unvereinbarkeit ihrer verschiedenen Standpunkte einsehen und damit erkennen, dass die Aufrechterhaltung des Wunsches nach kirchlicher Trauung unwahrhaftig wäre, jedenfalls im gegenwärtigen Augenblick. Dann wird die Nichtgewährung der kirchlichen Trauung auch nicht mehr als ein von der Kirche künstlich aufgebautes Hindernis verstanden oder als amtliche Verständnislosigkeit angesehen werden, vielmehr die Möglichkeit eröffnet, die Bitte um die Trauung neu zu überdenken.
      6. Weiterhin wird zu klären sein, ob die Ehepartner nur bereit sind, unterschiedliche Gewissensbindung gegenseitig zu achten und einer entsprechenden Lebensführung Raum zu geben, oder ob sie auch die Aufgabe sehen, in ihrer eigenen Ehe diesen Unterschied gemeinsam zu tragen. Ebenso muss geklärt werden, ob der nicht einer christlichen Kirche angehörende Ehepartner der christlichen Erziehung seiner Kinder aufgeschlossen gegenübersteht. Ist dieser Partner in diesem Sinne zu positiver Toleranz gegenüber dem Glauben und der Lebensführung des christlichen Partners bereit, und hat das Gespräch darüber die nötige Klarheit geschaffen, so sollte die Trauung vollzogen werden.
      7. Zeigt sich im Verlauf des Gesprächs, dass der nicht christliche Partner einen Wiedereintritt oder Eintritt in die Kirche erwägt, so braucht der Wiedereintritt nicht zur Bedingung der Trauung gemacht zu werden. Er kann auch nach erfolgter Trauung geschehen.
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Anhang

Für die liturgische Gestaltung von Trauungen, bei denen ein Ehepartner keiner christlichen Kirche angehört, wird auf das bereits übersandte Formular „Gottesdienst anlässlich der Eheschließung zwischen einem evangelischen Christen und einem Nichtchristen“ verwiesen (s. Rundschreiben Nr. 8/75 vom 23. Januar 1975).
Die Auswahl, namentlich der Lieder und Gebete, wird gemeinsam vom Pfarrer und beiden Ehepartnern geschehen müssen.
Die Traufrage, auf die — abweichend von dem genannten Formular — nicht verzichtet werden sollte, könnte in diesem Falle lauten:
„So frage ich nun dich, Hans Nn…, willst du Grete Nn…, zu deiner Ehefrau (Gattin) nehmen, ihr die Treue halten in guten und schweren Tagen und sie lieben und ehren, bis der Tod euch scheidet, so sprich: Ja.“ — Antwort: „Ja!“
„So frage ich nun dich, Grete Nn…, willst du Hans Nn… zu deinem Ehemann (Gatten) nehmen, ihm die Treue halten in guten und schweren Tagen und ihn lieben und ehren, bis der Tod euch scheidet, so sprich: Ja.“ — Antwort: „Ja!“
„Zum Zeichen dessen, was ihr gelobt, gebt nun einander diese Ringe an eure rechte Hand (Ringwechsel). So tragt nun diese Ringe als Zeichen eurer Treue, und eure Liebe nehme kein Ende.“ Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um Minimalformeln handelt, die den keiner christlichen Kirche angehörenden Ehepartner nicht überfordern. Beim Traugespräch wird jedoch anzustreben sein, im Einverständnis mit diesen Ehepartnern, die Formel auch stärker evangelisch zu füllen bis hin zu der Fassung, welche die von der Synode der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg empfohlene Trauungsordnung vorsieht.