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Kirchengesetz der Evangelisch–Lutherischen Kirche in Oldenburg zum Schutz vor sexualisierter Gewalt

Vom 20. November 2021

(GVBl. 29. Band, S. 5)

Die 49. Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg hat folgendes Kirchengesetz beschlossen:
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Präambel

Aus dem christlichen Menschenbild erwachsen die Verantwortung und der Auftrag, Menschen im Wirkungskreis der Kirche, insbesondere Kinder, Jugendliche und hilfe- und unterstützungsbedürftige Menschen sowie Menschen in Abhängigkeitsverhältnissen (im Folgenden: Minderjährige und Volljährige in Abhängigkeitsverhältnissen) vor sexualisierter Gewalt zu schützen und ihre Würde zu bewahren. Dies beinhaltet auch den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg und ihre Diakonie setzen sich gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), den anderen Gliedkirchen und dem Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. sowie den anderen gliedkirchlichen diakonischen Werken und ihren Einrichtungen für einen wirksamen Schutz vor sexualisierter Gewalt ein und wirken auf Aufklärung und Hilfe zur Unterstützung Betroffener hin. Gerade vor dem Hintergrund der sexualisierten Gewalt auch im Bereich der evangelischen Kirche in den zurückliegenden Jahren, verpflichtet der kirchliche Auftrag alle in der Kirche Mitwirkenden zu einer Haltung der Achtsamkeit, der Aufmerksamkeit, des Respekts und der Wertschätzung sowie der grenzachtenden Kommunikation durch Wahrung persönlicher Grenzen gegenüber jedem Mitmenschen.
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§ 1
Zweck und Geltungsbereich

Dieses Kirchengesetz regelt Anforderungen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, Maßnahmen zu deren Vermeidung und Hilfen in Fällen, in denen sexualisierte Gewalt erfolgte. Diese Anforderungen gelten in der Evangelisch–Lutherischen Kirche in Oldenburg, den Kirchengemeinden, den Kirchenkreisen und den sonstigen kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie in den sonstigen rechtlich selbständigen und unselbständigen Einrichtungen der Evangelisch–Lutherischen Kirche in Oldenburg.
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§ 2
Begriffsbestimmungen sexualisierte Gewalt

( 1 ) Nach diesem Kirchengesetz ist eine Verhaltensweise sexualisierte Gewalt, wenn ein unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Sexualisierte Gewalt kann verbal, nonverbal, durch Aufforderung oder durch Tätlichkeiten geschehen. Sie kann auch in Form des Unterlassens geschehen, wenn die Täterin oder der Täter für deren Abwendung einzustehen hat. Sexualisierte Gewalt ist immer bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach dem 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches und § 201a Absatz 3 oder §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung gegeben.
( 2 ) Gegenüber Minderjährigen ist sexuell bestimmtes Verhalten im Sinne des Absatz 1 insbesondere dann verboten, wenn gegenüber der Täterin oder dem Täter eine körperliche, seelische, geistige, sprachliche oder strukturelle Unterlegenheit gegeben ist und damit in diesem Verhältnis die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung fehlt.
Bei Kindern, das heißt bei Personen unter 14 Jahren, ist das sexuell bestimmte Verhalten als stets unerwünscht anzusehen.
( 3 ) Gegenüber Volljährigen ist sexuell bestimmtes Verhalten im Sinne des Absatzes 1 insbesondere unerwünscht, soweit die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist.
( 4 ) Unangemessenen Verhaltensweisen, die die Grenze der sexualisierten Gewalt nicht überschreiten, ist gegenüber haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden durch geeignete Normen, Regeln und Sensibilisierung, insbesondere im pädagogischen und pflegerischen Alltag, entgegenzutreten.
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§ 3
Mitarbeitende

Mitarbeitende im Sinne dieses Kirchengesetzes sind in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder zu ihrer Ausbildung Beschäftigte sowie ehrenamtlich Tätige.
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§ 4
Grundsätze

( 1 ) Wer kirchliche Angebote wahrnimmt oder als mitarbeitende Person im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes tätig ist, ist vor allen Formen sexualisierter Gewalt zu schützen.
( 2 ) Mitarbeitende, in deren Aufgabenbereich typischerweise Macht-, Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnisse entstehen, wie insbesondere in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie in Seelsorge- und Beratungssituationen, sind zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz verpflichtet.
Jeglicher sexuelle Kontakt, verbaler oder nonverbaler Art, ist in diesen Verhältnissen mit dem kirchlichen Schutzauftrag unvereinbar und daher unzulässig (Abstinenzgebot).
( 3 ) Alle Mitarbeitenden haben bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit das Nähe- und Distanzempfinden des Gegenübers zu achten (Abstandsgebot).
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§ 5
Einstellungs– und Tätigkeitsausschluss

( 1 ) Für privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Beschäftigungsverhältnisse gelten folgende Grundsätze:
  1. Für eine Einstellung im Geltungsbereich dieses Gesetzes kommt nicht in Betracht, wer rechtskräftig wegen einer Straftat nach § 171, den §§ 174 bis 174c, den §§ 176 bis 180a, § 181a, den §§ 182 bis 184g, § 184i, § 184j, § 201a Absatz 3, § 225, den §§ 232 bis 233a, § 234, § 235 oder § 236 StGB in der jeweils geltenden Fassung verurteilt worden ist.
  2. Während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses stellt jede Ausübung von sexualisierter Gewalt im Sinne von § 2 oder ein Verstoß gegen das Abstinenzgebot eine Verletzung arbeits- bzw. dienstrechtlicher Pflichten dar. Die Ausübung von sexualisierter Gewalt oder der Verstoß gegen das Abstinenzgebot sowie der Verdacht darauf führen zu den jeweils entsprechenden arbeits- bzw. dienstrechtlichen Maßnahmen.
  3. Kommt es während des Beschäftigungsverhältnisses zu einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat nach Nummer 1 oder wird eine solche Verurteilung bekannt, ist nach Maßgabe des jeweiligen Rechts die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses anzustreben oder sofern sie kraft Gesetzes eintritt, festzustellen. Kann das öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Beschäftigungsverhältnis nicht beendet werden, darf die betreffende Person keine Aufgaben wahrnehmen, die insbesondere die Bereiche
a) Schule, Bildungs- und Erziehungsarbeit,
b) Kinder- und Jugendhilfe,
c) Pflege durch Versorgung und Betreuung von Menschen aller Altersgruppen,
d) Verkündigung und Liturgie, einschließlich Kirchenmusik,
e) Seelsorge und
f) Leitungsaufgaben zum Gegenstand haben
oder in denen in vergleichbarer Weise die Möglichkeit eines Kontaktes zu Minderjährigen und zu Volljährigen in Abhängigkeitsverhältnissen besteht.
( 2 ) Für ehrenamtlich Tätige gilt Absatz 1 entsprechend.
( 3 ) Mitarbeitende müssen bei der Anstellung ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Bundeszentralregistergesetz in der jeweils geltenden Fassung und nach der Anstellung in regelmäßigen Abständen von längstens fünf Jahren vorlegen.
( 4 ) Ehrenamtlich Tätige müssen, sofern sie mit Minderjährigen und Volljährigen in einem Abhängigkeitsverhältnis zusammenarbeiten, ebenfalls in regelmäßigen Abständen von fünf Jahren ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Bundeszentralregistergesetz vorlegen. § 72a SGB VIII bleibt unberührt.
( 5 ) Die Regelungen zu Verwertungsverboten des Bundeszentralregistergesetzes – BZRG sind zu beachten.
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§ 6
Maßnahmen im Umgang mit sexualisierter Gewalt

( 1 ) Leitungsorgane im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes müssen jeweils für ihren Bereich:
  1. institutionelle Schutzkonzepte auf Grund einer Risikoanalyse zum Schutz vor sexualisierter Gewalt mit dem Ziel zu erstellen, strukturelle Maßnahmen zur Prävention dauerhaft zu verankern (Präventionsmaßnahmen);
  2. in begründeten Verdachtsfällen bei sexualisierter Gewalt angemessen im Rahmen strukturierter Handlungs- und Notfallpläne intervenieren (Interventionsmaßnahmen);
  3. Betroffene, denen von Mitarbeitenden Unrecht durch sexualisierte Gewalt angetan wurde, in angemessener Weise unterstützen (individuelle Unterstützungsmaßnahmen);  
  4. Ursachen, Geschichte und Folgen sexualisierter Gewalt aufarbeiten, wenn das Ausmaß des Unrechts durch Mitarbeitende dazu Anlass bietet (institutionelle Aufarbeitungsprozesse).
( 2 ) Die Evangelisch – Lutherische Kirche in Oldenburg soll die Leitungsorgane und Einrichtungsleitungen durch Rahmenkonzepte gegen sexualisierte Gewalt unterstützen, die auch einen Überblick über Präventionsangebote und -instrumente und eine Weiterentwicklung bestehender Angebote ermöglichen.
( 3 ) Leitungsorgane müssen sich bei der Erstellung, Implementierung und Weiterentwicklung institutioneller Schutzkonzepte in ihrem Verantwortungsbereich insbesondere an folgenden Standards orientieren: 
  1. einrichtungsspezifische Verankerung der Verantwortung zur Prävention, 
  2. Erstellung einer Risikoanalyse, 
  3. einrichtungs- und arbeitsfeldspezifischer Verhaltenskodex, Selbstverpflichtungserklärung Mitarbeitender, deren Inhalte regelmäßig zum Gesprächsgegenstand gemacht werden, 
  4. Fortbildungsverpflichtungen aller Mitarbeitenden zur Prävention vor sexualisierter Gewalt, insbesondere zum Nähe-Distanz-Verhalten und zur grenzachtenden Kommunikation, 
  5. Partizipations- und Präventionsangebote sowie sexualpädagogische Konzepte für Minderjährige und Volljährige in Abhängigkeitsverhältnissen unter Beteiligung und Einbeziehung der Erziehungsberechtigten, Betreuerinnen, Betreuer oder von Vormündern, 
  6. Verpflichtung der Mitarbeitenden zur Wahrnehmung der Meldepflicht nach § 12 Absatz 1,
  7. Einrichtung transparenter Beschwerdeverfahren, 
  8. Bereitstellen von Notfall- oder Handlungsplänen, die ein gestuftes Vorgehen im Fall eines bei einem Verdacht auf sexualisierte Gewalt vorsehen. 
(4) Mitarbeitende sind in geeigneter Weise auf ihre aus diesem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten hinzuweisen. Verpflichtungen nach den Vorschriften des staatlichen Rechts zum Schutz Minderjähriger und Volljähriger in Abhängigkeitsverhältnissen bleiben unberührt.
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§ 7
Einrichtungen

( 1 ) Zur Umsetzung und Koordination der Aufgaben nach § 6 werden vom Oberkirchenrat eine Ansprechstelle (§ 8) und eine Meldestelle (§ 9) für Fälle sexualisierter Gewalt eingerichtet. Außerdem beauftragt der Oberkirchenrat eine Person mit der Prävention sexualisierter Gewalt (§ 10) innerhalb der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. Es wird ein Beirat zur Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt eingerichtet.
( 2 ) Die/der gesamtkirchlich Beauftragte/r zur Prävention sexualisierter Gewalt, Melde- und Ansprechstelle arbeiten eng miteinander zusammen und unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Bei der Zusammenarbeit sind die Regelungen zur Schweigepflicht und des Datenschutzes zu beachten. Ein Austausch von Daten darf nur in anonymisierter Form erfolgen. Zudem wirken die Einrichtungen gemeinsam bei der Koordination ihrer Aufgaben auf gesamtkirchlicher Eben mit, indem sie in der Konferenz für Prävention, Intervention und Hilfe in Fällen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (PIHK) auf der Ebene der EKD mitarbeiten.
( 3 ) Arbeits- und dienstrechtliche Zuständigkeiten und Verpflichtungen der jeweiligen Einrichtung bleiben von den nachfolgenden Regelungen unberührt. Unberührt bleiben auch gesetzliche Melde- oder Beteiligungspflichten, die sich insbesondere aus Vorschriften des Kinder- und Jugendschutzes ergeben.
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§ 8
Ansprechstelle

Die Ansprechstelle ist eine dem Schutz Minderjähriger und dem Schutz Volljähriger in einem Abhängigkeitsverhältnis sowie der Unterstützung Betroffener verpflichtete Stelle; sie nimmt eine betroffenenorientierte Haltung ein. Dabei nimmt die Ansprechstelle ihre Aufgaben selbständig und frei von Weisungen wahr. Sie erfährt Fachaufsicht vom Referat Seelsorge im Oberkirchenrat. Die Ansprechstelle dient als erste Anlaufstelle für betroffene Personen, die sexualisierte Gewalt in der Evangelisch–Lutherischen Kirche in Oldenburg erfahren haben.
Ihre Aufgaben sind:
  1. Sie berät und informiert die Personen über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens (Lotsenfunktion) und wird auf Wunsch unterstützend tätig.
  2. Sie nimmt Anträge Betroffener auf Leistungen zur Anerkennung erlittenen Unrechts entgegen und leitet diese an die Unabhängige Kommission zur Entscheidung weiter.
  3. Sie sorgt dafür, dass die Einwilligung Betroffener vorliegt, wenn personenbezogene Daten weitergeleitet oder verarbeitet werden.
  4. Sie führt eine anonymisierte Statistik und berichtet dem Oberkirchenrat regelmäßig anonymisiert über ihre Tätigkeit.
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§ 9
Meldestelle

Die Meldestelle nimmt Meldungen entgegen. Sie schützt Betroffene. Die Meldebeauftragten vertreten das gesamtkirchliche Interesse des Gewaltschutzes (Präambel). Dazu nehmen sie insofern Personalverantwortung wahr, als ihre Perspektive den Dienst der Mitarbeitenden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und ihre Ausübung des Haupt- oder Ehrenamts betrifft. Die Leitung der Meldestelle nimmt Fachaufsicht gegenüber weiteren Meldebeauftragten wahr.
Die Meldestelle hat unter anderem folgende Aufgaben:
  1. Sie nimmt Meldungen von Fällen eines begründeten Verdachts auf sexualisierte Gewalt innerhalb der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg entgegen, wahrt die Vertraulichkeit der Identität hinweisgebender Personen und sorgt dafür, dass Meldungen bearbeitet und notwendige Maßnahmen der Intervention und Prävention veranlasst werden.
  2. Sie geht Hinweisen auf täterschützende Strukturen nach.
  3. Die Meldestelle berät bei Bedarf die jeweilige Leitung in Fragen der Prävention, Intervention, Unterstützung und Aufarbeitung und koordiniert entsprechende Maßnahmen.
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§ 10
Beauftragte/r zur Prävention sexualisierter Gewalt

Vom Oberkirchenrat wird eine Person gesamtkirchlich mit der Prävention sexualisierter Gewalt innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg beauftragt. Sie/er unterstützt Kirchengemeinden und Einrichtungen bei der Präventionsarbeit, insbesondere bei der Implementierung und Weiterentwicklung von Schutzkonzepten.
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§ 11
Beirat zur Prävention von und Intervention bei sexualisierter Gewalt

Es wird ein Beirat zur Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt eingerichtet
Er besteht aus sieben Mitgliedern und wird alle sechs Jahre neu gewählt.
  1. Die Synode beruft aus ihrer Mitte sechs Synodale in den Beirat.
  2. Geschäftsführendes Mitglied des Beirates ist die/der Beauftragte zur Prävention sexualisierter Gewalt.
  3. Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann der Beirat weitere Personen zur Mitarbeit einladen.
  4. Der Beirat berichtet der Synode regelmäßig.
  5. Der Beirat überwacht und fördert den Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg.
  6. Der Beirat tagt mindestens einmal im Jahr.
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§ 12
Meldepflicht in Fällen sexualisierter Gewalt

( 1 ) Liegt ein begründeter Verdacht vor, haben Mitarbeitende Vorfälle sexualisierter Gewalt oder Verstöße gegen das Abstinenzgebot, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, unverzüglich der Meldestelle zu melden oder die Meldung zu veranlassen (Meldepflicht). Mitarbeitenden ist die Erfüllung ihrer Meldepflicht unter Wahrung der Vertraulichkeit ihrer Identität zu ermöglichen. Sie haben das Recht, sich jederzeit zur Einschätzung eines Vorfalls von der Meldestelle beraten zu lassen. Jede Leitung einer Einrichtung, insbesondere der Oberkirchenrat, ist verpflichtet, Hinweisen auf täterschützende Strukturen nachzugehen.
( 2 ) Arbeits- und dienstrechtliche Pflichten, insbesondere zum Schutz des Beichtgeheimnisses und der seelsorglichen Schweigepflicht, bleiben unberührt.
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§ 13
Unterstützung für Betroffene

( 1 ) Die Evangelisch–Lutherische Kirche in Oldenburg bietet Personen, die als Minderjährige sexualisierte Gewalt erlebt haben, auf Antrag Unterstützung durch immaterielle Hilfen und materielle Leistungen in Anerkennung erlittenen Unrechts an, wenn dieses durch organisatorisch-institutionelles Versagen, Verletzung der Aufsichtspflichten oder sonstiger Pflichten zur Sorge durch Mitarbeitende geschah und Schmerzensgelder Schadensersatzansprüche zivilrechtlich nicht mehr durchsetzbar sind. Die Unabhängige Kommission entscheidet über die Anträge.
( 2 ) Die Unterstützung erfolgt freiwillig ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne, dass durch diese Regelung ein Rechtsanspruch begründet wird. Bereits erbrachte Unterstützungsleistungen, insbesondere nach kirchlichen Regelungen, können angerechnet werden.
( 3 ) Die kirchliche oder diakonische Einrichtung, in der die sexualisierte Gewalt stattgefunden hat, soll sich an der Unterstützungsleistung beteiligen.
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§ 14
Unabhängige Kommission

( 1 ) Um Betroffenen, die sexualisierte Gewalt durch Mitarbeitende erfahren haben, Unterstützung anzubieten, ist eine Unabhängige Kommission einzurichten, die auf Wunsch Betroffener Gespräche führt, ihre Erfahrungen und Geschichte würdigt und Leistungen für erlittenes Unrecht zuspricht.
( 2 ) Die Unabhängige Kommission kann auch im Verbund mit anderen Gliedkirchen, insbesondere mit denen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen errichtet werden.
( 3 ) Die Unabhängige Kommission soll mit mindestens 3 Personen besetzt sein, die unterschiedliche berufliche und persönliche Erfahrungen in die Kommissionsarbeit einbringen. Die Kommissionsmitglieder sind ehrenamtlich tätig. Sie sind in ihren Entscheidungen frei und nicht an Weisungen gebunden.
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§ 15
Gliedkirchliche Bestimmungen

Der Oberkirchenrat kann Einzelheiten zur Durchführung dieses Kirchengesetzes durch Rechtsverordnung regeln, insbesondere:
a) die Ausgestaltung der Ansprechstelle,
b) die Ausgestaltung der Meldestelle,
c) die Benennung von Vertrauenspersonen in den Kirchenkreisen
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§ 16
Inkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am 01.12.2021 in Kraft.
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