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Kirchengesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg (GSG)

Vom 22. November 2024 (GVBl. 30. Band, S. 57)

Die 49. Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Grundsatz der Gleichstellung

Durch die Taufe sind alle Menschen gleichwertige Glieder der Kirche Jesu Christi. Sie dürfen auch wegen ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität nicht benachteiligt werden. Sie haben das Recht, sich aufgrund ihrer Gaben, Interessen und Neigungen zu entwickeln und zu entfalten sowie ihren Lebensweg und ihre soziale Rolle zu wählen.
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§ 2
Ziele

( 1 ) Die Chancengleichheit und die tatsächliche Gleichstellung aller, gleich welchen Geschlechts und sexueller Identität, die in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg arbeiten, soll erreicht und dauerhaft gewährleistet werden. Unterschiedliche Lebenssituationen von Mitarbeitenden (gleich welchen Geschlechts sowie innerhalb und außerhalb der Geschlechter), sollen berücksichtigt, Diskriminierungen verhindert und die Vereinbarkeit von persönlicher Lebensgestaltung und Beruf für alle verbessert werden. Damit soll die Gerechtigkeit gestärkt und die Qualität der Arbeit für die Evangelisch–Lutherische Kirche in Oldenburg verbessert werden. Alle Mitarbeitende, insbesondere solche mit Leitungsaufgaben, sind verpflichtet, die Gleichstellung aller Menschen gleichermaßen zu fördern. Diese Verpflichtung ist als durchgängiges Leitprinzip in allen Arbeitsbereichen und Gremien zu berücksichtigen und durchzusetzen.
( 2 ) Gezielte, fördernde Maßnahmen – auch solche, die sich nur an ein Geschlecht richten – tragen dazu bei, dass
  1. Menschen aller Geschlechter gleichberechtigt an der Gestaltung der Kirche und der Erfüllung des kirchlichen Auftrages teilhaben,
  2. die Chancengleichheit aller Menschen im Haupt-, Neben- und Ehrenamt hergestellt oder weiter gewährleistet wird,
  3. Diskriminierungen jeder Art vermieden bzw. beseitigt werden,
  4. die Vereinbarkeit von Familien- und Care-Arbeit, Erwerbsarbeit, ehrenamtlicher Arbeit und Privatleben für alle Menschen ermöglicht wird,
  5. die geschlechtliche Unterrepräsentanz - insbesondere in Leitungspositionen - beseitigt wird.
  6. in den einzelnen Besoldungs- und Entgeltgruppen einer Dienststelle eine geschlechterparitätische Besetzung angestrebt wird,
  7. bei der Besetzung von Gremien auf die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses hinzuwirken ist (vgl. § 5).
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§ 3
Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Gesetz gilt für die Beschäftigten der kirchlichen Dienststellen im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und in Einrichtungen der Diakonie, soweit sie sich diesem Kirchen-gesetz angeschlossen haben.
( 2 ) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind Pfarrer*innen, Vikar*innen, Kirchenbeamt*innen, Arbeitnehmer*innen, Auszubildende, Praktikant*innen und Vorpraktikant*innen.
( 3 ) Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes sind der Oberkirchenrat, die Gemeinsame Kirchenverwaltung, die Dienststellen der Kirchenkreise, Kirchengemeinden und der kirchlichen Verbände sowie aller übrigen rechtlich selbstständigen kirchlichen Anstellungsträger.
( 4 ) Gremien im Sinne dieses Gesetzes sind alle durch Wahl, Berufung oder Entsendung in ihrer Zusammensetzung bestimmten Personengruppen, durch die ehren-, neben-, oder hauptamtlich Funktionen oder Aufgaben für einen Rechtsträger im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg wahrgenommen werden.
( 5 ) Für Pfarrer*innen, Vikar*innen ist der Oberkirchenrat in Oldenburg Dienststelle im Sinne dieses Gesetzes.
( 6 ) Der Gemeinsame Kirchenausschuss unterliegt bei der Auswahl der Bewerber*innen für die Pfarrstellen ebenfalls diesem Gesetz.
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§ 4
Sprache

Gesetzestexte, Stellenausschreibungen, Dienstvereinbarungen, Publikationen, Pressemitteilungen, Datenbanken, Formulare u.a. sowie die interne und externe Kommunikation tragen zukünftig sprachlich der Gleichstellung aller Geschlechter Rechnung.
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§ 5
Parität

( 1 ) Im Einvernehmen mit der Gleichstellungsstelle wirken die Dienststellenleitungen insbesondere im Rahmen der Personalplanung und der Arbeitsorganisation auf die Beseitigung von Unterrepräsen-tanzen hin.
( 2 ) Die Bestimmungen zum Hinwirken auf die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses bei der Besetzung von Gremien sind für die Kirchengemeinden, Kirchenkreise und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg und ihre jeweiligen unselbstständigen Einrichtungen verbindlich. Gleiches gilt für rechtlich selbstständige Dienste, Werke und Einrichtungen im Bereich der Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, soweit sie sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben.
( 3 ) Bei Gremienbesetzung durch Wahl ist darauf hinzuwirken, dass die Wahlvorschlagslisten geschlechtergerecht aufzustellen sind. Bei Wahlvorschlägen ist darauf hinzuwirken, dass eine Besetzung des jeweiligen Gremiums erreicht wird, die die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses beachtet.
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§ 6
Gender Mainstreaming

Zukünftige Dienstvereinbarungen, Konzepte, Gesetzestexte und Leitlinien sowie Maßnahmen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg dürfen nicht im Widerspruch zu den vorstehend benannten Zielen stehen.
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§ 7
Aufgaben und Befugnisse der Gleichstellungsstelle

( 1 ) Die Gleichstellungsstelle hat die Aufgabe die Umsetzung dieses Gesetzes zur Förderung der Gleichstellung aller Menschen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg zu fördern. Zu den Aufgaben gehört insbesondere die Mitwirkung an Fragestellungen und Themen wie:
  1. Arbeitszeitregelungen, Teilzeitregelungen und Beurlaubungen,
  2. Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen,
  3. Zulassung zum Aufstieg in die nächst höhere Laufbahn,
  4. Versetzung sowie Abordnung von mehr als drei Monaten,
  5. die Planung und Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen,
  6. die Besetzung von und die Entsendung in Gremien,
  7. Berufungen,
  8. Stellenausschreibungen und der Verzicht auf sie,
  9. Maßnahmen der Verwaltungsreform, soweit sie Auswirkungen auf die Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen haben.
( 2 ) Die Gleichstellungsstelle erfüllt Querschnittsaufgaben in allen Dezernaten und wirkt in alle Bereiche der Kirche hinein.
( 3 ) Die Gleichstellungsstelle berät die Dienststellen, Leitungspersonen und Gremien der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg bei der Umsetzung dieses Gesetzes und koordiniert die erforder-lichen Maßnahmen.
( 4 ) Die Gleichstellungsstelle ist unmittelbare Ansprechstelle für die Beschäftigten in Gleichstellungs-angelegenheiten. Sie ist zudem Ansprechstelle für queere Lebensfragen.
( 5 ) Die Gleichstellungsstelle pflegt Verbindungen zu mit Geschlechterfragen befassten kirchlichen und nichtkirchlichen Verbänden, Organisationen und Gruppen – insbesondere zu den Gleich-stellungsstellen der Mitgliedskirchen der EKD sowie den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Raum der Evangelischen - Lutherische Kirche in Oldenburg.
( 6 ) Die Gleichstellungsstelle entwickelt und regt Maßnahmen zur Verwirklichung von Gleichstellung in der Landeskirche an.
( 7 ) Die Gleichstellungsstelle wirkt bei der Vorbereitung aller kirchengesetzlichen und sonstigen allgemeinen Regelungen mit, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Menschen jeglichen Geschlechts haben.
( 8 ) Die Gleichstellungsstelle kann sich darüber hinaus zu fachlichen Fragen bzgl. der Gleichstellung aller Menschen äußern. Dies gilt auch für Fragen zur Vereinbarkeit von Berufs-, Care- und Familienarbeit.
( 9 ) Die Gleichstellungsstelle identifiziert und unterstützt Maßnahmen zur aktiven Förderung von unterrepräsentierten Personengruppen.
( 10 ) Die Gleichstellungsstelle initiiert und unterstützt Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von aktiver Familien- und Carearbeit, beruflicher Entwicklung und der Übernahme von Leitungsfunktionen.
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§ 8
Beanstandungsrecht

( 1 ) Die Gleichstellungsstelle ist über die beabsichtigten Maßnahmen nach § 7 rechtzeitig zu informieren. Hält die Gleichstellungsstelle eine Maßnahme für unvereinbar mit diesem Gesetz, so kann sie diese Maßnahme binnen zehn Tagen nach ihrer Unterrichtung unter Angabe von Gründen beanstanden.
( 2 ) Bei unaufschiebbaren Maßnahmen kann die Dienststelle die Frist zur Beanstandung auf fünf Arbeitstage verkürzen.
( 3 ) Eine Maßnahme darf nicht vollzogen werden, solange die Gleichstellungsstelle sie noch beanstanden kann. Im Falle der Beanstandung hat die Dienststelle nach gemeinsamer Beratung mit der Gleichstellungsstelle neu zu entscheiden. Bis zu der erneuten Entscheidung darf die Maßnahme nicht vollzogen werden. Hält die Dienststelle an ihrer Entscheidung fest, so hat sie dieses schriftlich gegenüber der Gleichstellungsstelle zu begründen.
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§ 9
Gleichstellungsbeirat

( 1 ) Der Oberkirchenrat beruft für jeweils sechs Jahre einen Beirat zur Förderung der Gemeinschaft aller Menschen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche als Unterstützung der Arbeit der Gleich-stellungsstelle.
( 2 ) Dem Beirat gehören neben einem Mitglied des Oberkirchenrates und einer Person der Gleichstellungsstelle weitere acht Mitglieder an. Alle Dienststellen im Sinne des § 3 sowie Berufsgruppen, Ehrenamtliche und die Mitarbeitervertretungen sowie die Pfarrvertretung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg können Vorschläge zur Berufung einbringen. Die Zusammensetzung des Beirats hat zum Ziel, die Vielfalt der Landeskirche bezüglich Menschen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Berufsgruppen, unterschiedlicher Lebensrealitäten und der Mischung aus Haupt- und Ehrenamtlichen sichtbar zu machen.
( 3 ) Die Amtszeit des Gleichstellungsbeirates ist an die Legislaturperiode der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg gebunden.
( 4 ) Bei Ausscheiden eines Mitgliedes aus dem Beirat beruft der Oberkirchenrat ein neues Mitglied für den Rest der Amtszeit.
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§ 10
Aufgaben des Gleichstellungsbeirates

( 1 ) Der Beirat begleitet und fördert die Arbeit der Gleichstellungsstelle und entwickelt mit ihr gemeinsame Arbeitsschwerpunkte. Er berät den Oberkirchenrat in Fragen, die die Gleichstellung betreffen.
( 2 ) Bei der Beauftragung von Personen für Gleichstellung hat der Beirat ein Vorschlagsrecht und wirkt bei der Einstellung mit. Vor der Beauftragung sind die Pfarrvertretung sowie der Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen anzuhören.
( 3 ) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
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§ 11
Synodenbericht

Die Gleichstellungsstelle berichtet der Synode jährlich über den Stand der Gleichstellungsarbeit.
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§ 12
Dienstliche Stellung

( 1 ) Die beauftragten Personen der Gleichstellungsstelle dürfen in Ausübung des Amtes nicht behindert und wegen der Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Vor Kündigung, Versetzung und Abordnung sind sie im gleichen Umfang geschützt wie die Mitglieder der Mitarbeitervertretung. Bei ihrer Tätigkeit sind sie von fachlichen Weisungen frei.
( 2 ) Die beauftragten Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht bei Einwilligung der betroffenen Beschäftigten nicht gegenüber der Dienststellenleitung oder gegenüber in der Einwilligung bestimmten Dritten.
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§ 13
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Das Kirchengesetz tritt am 01.01.2025 in Kraft. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das bisherige Kirchengesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg vom 21. November 2009 (GVBl. 27. Band, S. 9), zuletzt geändert durch Kirchengesetz vom 30. Mai 2015 (GVBl. 27. Band, S. 215), außer Kraft.
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